Wenn Sie ein Elektroauto kaufen, müssen Sie das lesen (Buchreview)

Seit kurzem bin ich Fahrer eines Tesla Model 3 Standard Reichweite+. Passend dazu habe ich vom Finanzbuchverlag ein Rezensionsexemplar von „Wenn Sie ein Elektroauto kaufen, müssen Sie das lesen“ von Willy Loderhose geschickt bekommen.

Der Autor ist seit Jahren Automobiljournalist und schreibt unter anderem für das Auto Magazin arrive.

Jetzt bin ich nicht die typische Zielgruppe, denn für mich stand die Entscheidung zum Tesla ja schon bevor ich das Buch gelesen habe. Und meine Meinung zu Elektromobilität stand schon lange fest. Trotzdem war ich gespannt auf das Buch, weil ich mir ein paar gute Argumente erhoffte, die ich in den typischen Diskussionen gegen Elektromobilität verwenden konnte.

Die Diskussionen darüber, dass wir nicht genug Strom haben. Dass Elektroautos gefährlich sind, weil sie ständig in Flammen aufgehen und dann nicht gelöscht werden können. Dass hier arme Länder ausgebeutet werden (mit welchem Konsumprodukt eigentlich nicht?) und dass das ganze extrem umweltschädlich ist, besonders wegen der seltenen Erden und weil niemand wisse wohin mit den Akkus.

Meine Erwartungen wurden teilweise erfüllt, dennoch hätte ich mir bei dem Buch an der ein oder anderen Stelle mehr Tiefgang gewünscht.

Das Buch umfasst nur etwa 160 Seiten. Ein Drittel davon geht für eine Liste mit den 50 besten Elektrofahrzeugen drauf.

Ich habe mich immer gefragt: „Wer schaut sich solche Listen überhaupt an?“, doch lustigerweise hat jeder – dem ich das Buch zeigte – sofort die Liste aufgeschlagen um zu schauen, ob das von ihm präferierte eAuto darunter ist und welche Bewertung es bekam. Listen dieser Art sind wohl doch nicht so unnütz, wie ich immer dachte. Oder ich bin einfach nicht die Zielgruppe (ich hatte mich ja schon entschieden).

Thema Reichweite

Seit ich Ende 2019 das erste Mal überlegt hatte einen Tesla zu bestellen, kam in Gesprächen mit Freunden immer das Thema Reichweite auf. Wenn man in die Youtube Tesla Fanboy Sphären eintaucht, wird man schnell damit gebrainwashed, dass Reichweite ja gar kein Problem sei.

Ich denke aber, dass die Reichweite für die meisten Autofahrer in Deutschland ein untergeordnetes Problem darstellt. So schreibt auch Willy Loderhose, dass die meisten aller Fahrten auf Strecken von weniger als 50 Kilometern entfallen. Wenn man jetzt ab und zu nachladen kann, hat man sicherlich Null Probleme.

In der Praxis merke ich aber auch schon, dass es nicht immer so easy ist eine freie öffentliche Ladesäule in der Stadt zu finden. Kein Wunder, schließlich sind inzwischen rund 20% der Neuzulassungen Elektroautos und die Ladeinfrastruktur kommt hier nur teilweise hinterher.

Soll ich nicht lieber einen Hybrid fahren?

Besonders wertvoll fand ich das Hybrid Kapitel. Denn der Hybrid wird immer im gleichen Atemzug mit der Reichweitenangst genannt.

Ein Hybrid hat einen Elektromotor und einen Verbrennungsmotor. Er kann also sowohl elektrisch, als auch auf längeren Fahrten als Verbrenner fahren.

Das Problem hierbei ist allerdings, dass das Fahrzeug die ganze Zeit zwei Motoren mit sich rumschleppt, was zu Lasten der elektrischen Reichweite geht. Ein Hybrid schafft in der Stadt vielleicht 30 oder wenn es richtig gut läuft 50 Kilometer Reichweite. Für viele Pendler würde das schon nicht reichen, wenn sie auf der Arbeit nicht nachladen können.

Ich weiß aus eigener Erfahrung wie nervig es ist, wenn man an einer Ladesäule ankommt und sie belegt ist. Dann parke ich meinen Tesla, setze mich in ein Café und komme nach einer halben Stunde wieder vorbei, um zu schauen ob die Säule frei ist.

Das klingt jetzt ganz entspannt. Aber es ist ein Luxus den ich habe, weil ich keine festen Arbeitszeiten habe. Weil ich keinen Chef habe, der möchte, dass ich irgendwelche Deadlines einhalte oder zu fixen Zeiten im Büro bin. Ich mache nur sehr wenig Kundentermine (oder Termine überhaupt), weil mir maximale Flexibilität extrem wichtig ist. Ich kann es mir also leisten, mich einfach für eine halbe Stunde mit einem Buch oder meinem MacBook in ein Café zu setzen und einfach darauf zu warten, dass die Ladesäule frei wird.

Aber ich bin nicht der durchschnittliche deutsche Autofahrer. Ich bin an dieser Stelle extrem privilegiert und daher fällt es mir leicht zu sagen: „Ach, das ist doch alles kein Problem. Dann trinke ich so lange einen Kaffee…“

Wenn ich also einen Hybrid fahren würde, würde ich mir das alles nicht antun. Ich würde wahrscheinlich 99% der Zeit mit Verbrennungsmotor fahren. Dann könnte ich auch gleich wieder einen Verbrenner fahren…


🔋 Was wird aus den Akkus?

Das Kapitel fand ich besonders spannend. Denn wir alle kennen die Schlagzeilen von Akkus, die in Flammen aufgehen. Als längerer Elektromobilitätsenthusiast weiß ich natürlich, dass auf Deutschlands Straßen jeden Tag mehr Verbrenner ausbrennen als Elektroautos. Allerdings sind die Statistiken mit Vorsicht zu genießen. Sie werden gerne von Elektromobilitätsinteressierten angeführt. Um ein umfassenderes Bild darüber zu bekommen, müsste man berücksichtigen wie alt die brennenden Autos sind. Zum einen sind auf den Straßen immer noch mehr Verbrenner als Elektrofahrzeuge unterwegs. Alleine deswegen ist die statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein Verbrenner ausbrennt höher, als dass ein eAuto ausbrennt. Zum anderen sind die Verbrenner auf Deutschlands Straßen im Durchschnitt viel älter als die Elektrofahrzeuge. Hier müsste man also die Wahrscheinlichkeit des Brennens auf die gefahrenen Kilometer ermitteln. Das ist ein Punkt, den ich in dem Buch wirklich vermisst habe. 

Trotzdem war das Akku Kapitel sehr interessant: Denn zum einen halten die Akkus wirklich lange (das wusste ich schon) zum anderen kann man die ausgedienten Akkus für Ladeparks verwenden, in denen man erneuerbare Energien speichert. 

🍃 Denn schon lange wissen wir: Wir haben keinen Mangel an Energie. Windkraft, Wasserkraft und Solarenergie liefern prinzipiell mehr Energie als wir bräuchten. Das Problem ist nur, dass wir die Energie aktuell nicht ausreichend speichern können. Es ist also immer entweder zu viel Energie da, als dass wir sie verwenden könnten oder zu wenig, weil die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Kohlekraftwerke oder Atomkraftwerke sind daher viel berechenbarer. Hier kann man die Energieerzeugung einfach hoch- und runterschalten, je nachdem wie viel Energie gerade gebraucht wird. Das funktioniert bei Naturstrom nicht. Umso wichtiger ist es effiziente Energiespeicherstrukturen zu schaffen. Was mit ausrangierten Akkus passiert.

Insgesamt hat mir das Buch einige gute Impulse geliefert. Es hätte für meinen Geschmack ruhig mehr in die Tiefe gehen können, doch es richtet sich eben an Menschen die bisher nur wenig Berührungspunkte mit der Elektromobilität haben. Für diese Zielgruppe ist es gut geeignet und aufgrund der Kürze lässt es sich auch in einem oder zwei Tagen locker durchlesen.


In weiteren Kapiteln geht der Autor auf die Themen seltene Erden, CO2 Ausstoß, Wasserstoff als Zukunftstechnologie etc ein.

Es waren einige interessante Impulse in dem Buch. Ich hätte mir aber an der ein oder anderen Stelle gerne etwas mehr Tiefgang gewünscht. Trotzdem ist das Wichtigste drin. Vor allem das Kapitel darüber, was man mit den ausgedienten Akkus macht, fand ich sehr interessant.

Das Buch eignet sich daher vor allem für Menschen, die bisher sehr wenig Berührungspunkte mit dem Thema Elektromobilität hatten. To be honest: Der Titel verspricht ja auch nichts anderes. (Ein weiterführendes Buch für Leser:innen, die über diesen Status hinaus sind, ist sicherlich noch eine Marktlücke).

Es ist daher ein interessantes Buch im Kaufentscheidungsprozess und es liefert tatsächlich ein paar gute Argumente, für die nächste Elektromobilitätsdiskussion.


Danke an den Finanzbuchverlag für das Rezensionsexemplar.