Der süße Tod (Buchrezension)

Auf meiner Journey zu weniger Zuckerkonsum bin ich auf das nächste Buch gestoßen: Der süße Tod von Gary Taubes. Auch dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Riva Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Anders als „Die bittere Wahrheit über Zucker“ geht das Buch von Gary Taubes nicht so sehr auf die medizinischen und molekularbiologischen Eigenschaften von Zucker ein. „Der süße Tod“ betrachtet eher die Geschichte des Zuckers und vor allem der Zuckerlobby.

Ich gebe zu, dass es mir auf den ersten 100 Seiten schwer fiel reinzukommen. Die historischen Fakten über Zucker haben mich anfangs nicht ganz so gecatched. Doch etwa ab Seite 140 wurde es deutlich spannender, denn nun legte das Buch vor allem ein Augenmerk auf die Arbeit der Zuckerlobby.

Zucker und Marketing

Für mich als Unternehmer mit umfassendem Marketingbackground war es tatsächlich sehr spannend die psychologischen Taktiken hinter der Vermarktung von Zucker zu sehen.

Taubes schreibt, dass den Menschen bereits im 16. Jahrhundert klar war, dass es einen Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und schlechten Zähnen gibt. Als Zucker für ärmere Schichten erschwinglich wurde, gab es viele Menschen, die im Erwachsenenalter überhaupt keine Zähne mehr hatten. Das ging sogar soweit, dass Zähne als lästiges Übel gesehen wurden.

Als 1940 die Wehrpflicht in den Vereinigten Staaten eingeführt wurde, wurde ein großer Teil der Rekruten wegen ihrer schlechten Zähen für untauglich erklärt.

Doch die Zuckerlobby setzte trotzdem alles daran, andere Verantwortliche für Karies einen anderen Schuldigen zu finden. In den kommenden Jahren beauftragte sie Studien um die positiven Effekte des Zuckers zu erforschen und Zucker entsprechend als gesundes Lebensmittel zu vermarkten.

So wurde Zucker nachgesagt, er habe eine belebende Wirkung, wärmt auf und hilft gegen Entzündungen. Auch beim Abnehmen soll Zucker helfen.

Zucker Informationsmarketing

Besonders spannend fand ich hier einige Zeitungsartikel, die den Eindruck der Wissenschaftlichkeit erwecken sollten. Zucker wird hier als vergleichbar kalorienarme Alternative gepriesen. Und in unzähligen Studien wurde wiederholt versucht klarzustellen, dass Zucker den Appetit zügle und so satt machen würde.

Die Zuckerlobby behauptete zum Beispiel, dass der Konsum von Zucker dazu führe, dass man weniger isst. So würde der Zuckerkonsum direkt beim Abnehmen helfen. Mit dem Wissen von heute erkennt man diese Aussage natürlich als besonders dreiste und perfide Lüge.

Zucker und Süßstoff

Was ich besonders spannend fand, waren die Informationen zum Süßstoff. Süßstoffe werden immer gerne so dargestellt, als kämen sie direkt aus der Hölle. Dabei konnte bisher keine Studie nachweisen, dass Süßstoffe Krebs erregen würden. Trotzdem hält sich das Gerücht hartnäckig.

Ich gebe zu, dass ich den Link zur Zuckerlobby dabei niemals gesehen habe. Aber natürlich ergibt es absolut Sinn. Süßstoffe stellten für die Zuckerhersteller und -verkäufer eine existenzielle Bedrohung dar. Die Kosten von Süßstoffen betragen nur 1/10 der Herstellungskosten von Zucker. Und die aufkommende Diätwelle ab den 1950er Jahren drängte Zucker immer stärker in eine ungesunde Ecke.

In Folge dessen finanzierte die Zuckerlobby Studien in Millionenhöhe, um zu „beweisen“, dass Süßstoffe gesundheitsschädlich sind. Zusammenhänge zwischen Krebs und Süßstoffen konnten aber bisher nur bei Ratten gefunden werden, die mit extrem hohen Dosen gefüttert wurden, die man als normaler Mensch gar nicht erreichen könnte. Wir reden hier von schätzungsweise 180 Litern Diet Coke pro Tag, um auf den selben Süßstoff Intake zu kommen.

Sicherlich bin ich hier gebrainwashed, weil ich selbst sehr gerne Zero Softdrinks trinke. Doch ich fand diese Gerüchte um die schädliche Wirkung von Süßungsmitteln schon immer fragwürdig. Ich habe das ja in meinem Review zu „Die bittere Wahrheit über Zucker“ schon angesprochen: bisher konnte keine Studie stark schädliche Wirkungen von Süßungsmitteln beim Menschen nachweisen.

Das soll natürlich nicht heißen, dass sie nicht trotzdem auftreten können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Süßungsmittel irgendwas mit dem Mikrobiom anstellen und die Zusammensetzung verändern können. Aber zumindest eindeutige Hinweise auf Krebs oder Diabetes Typ 2 durch künstliche Süßungsmittel konnten bisher nicht nachgewiesen werden.

Die Fett Lüge

Die letzten Jahre hört und liest man immer mehr von Studien, die unser Verständnis von Fett in der Ernährung auf den Kopf stellen. Noch vor ein paar Jahren hieß es, dass Fett so in etwa das Schlimmste ist, was man seinem Herzen antun kann. Fett führt angeblich dazu, dass die Arterien verkalken und wir an kardio-vaskulären Krankheiten sterben. First of all wie immer der Disclaimer: ich bin kein Mediziner. Ich möchte im folgenden nur meine Meinung darstellen und versuche dabei so gut es geht wissenschaftlich-kritisch zu denken.

Jetzt haben wir das Problem, dass Fett grundsätzlich ein Geschmacksträger ist. Wenn wir Lebensmittel durch fettarme Varianten ersetzen, nehmen wir dem Lebensmittel Geschmack. In der Praxis wird daher Fett häufig durch Zucker ersetzt. Zum Beispiel bei Joghurts, Käse etc.

Auch hier lohnt es sich einen Blick auf die Arbeit der Zuckerlobby in diesem Thema zu werfen. Denn auch hier wurden zahlreiche Studien in Auftrag gegeben, die das Ziel hatten zu beweisen, dass in Wirklichkeit das Fett der Übeltäter in unserer Gesundheit ist. In Folge dessen hat sich der Konsum von Fett in der Ernährung seit dem zweiten Weltkrieg halbiert. Wir nehmen aber insgesamt viel mehr Kalorien zu uns. Vor allem durch Kohlenhydrate, wovon gut eine Hälfte der Kalorien aus Zucker besteht.


Ich will mir hier gar kein Urteil dazu erlauben. Schließlich bin ich weder Arzt noch Ernährungswissenschaftler. Ich bemerke aber dennoch, dass in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel in der Ernährungsliteratur stattgefunden hat. Weg von Low Fat und hin zu Low Carb. Oder zumindest Low Sugar. In vielen Büchern liest man immer wieder, dass eigentlich die industriell stark verarbeiteten Kohlenhydrate die Wurzel des Bösen sind. Vor allem Weißmehl und Zucker.

Für wen ist das Buch geeignet?

Im Endeffekt muss sich hier jeder selbst eine Meinung bilden. Ich fand das Buch aber im Hinblick auf die Hintergründe der Zuckerindustrie sehr interessant und aufschlussreich.

Ich würde es empfehlen, wenn sich jemand für die Psychologie und das Marketing hinter dieser Industrie interessiert. Wenn du nur oberflächlich an diesen Themen interessiert bist, dann ist das Buch wohl etwas zu tiefgreifend.

Wer sich stärker auf die Auswirkungen von Zucker auf den Organismus konzentrieren möchte, der greift besser zu: Die bittere Wahrheit über Zucker.

Es ist insgesamt kein schlechtes Buch. Ganz im Gegenteil ich fand es echt interessant. Allerdings brauchte ich ein bisschen Zeit zum Anlaufen. Aus Marketingsicht ist es sogar echt spannend. Vor allem zu sehen, wie hier Lobbyarbeit betrieben wurde. Oder wie die Verantwortlichen mit Studien gearbeitet haben. Beziehungsweise sogar ganz gezielt Geld in die Forschung investiert haben, um passende Ergebnisse zu erzeugen, ist hochinteressant.